Geschichten aus dem Leben eines Handlungstyps

Der Wettkampf im Schnee

Julian hatte tief und lange geschlafen, und als er morgens aufwachte, war er putzmunter und voller Tatendrang.
Er schaute aus dem Fenster und traute seinen Augen kaum:

Da draußen lag Schnee, ganz viel Schnee! Auf den Dächern, auf der Wiese vor dem Haus und auf den Bäumen lag Schnee. Sogar einige Autos auf dem Parkplatz waren unter dem Schnee fast ganz verschwunden. Vor dem Haus sah Julian viele Kinder im Schnee herumtoben. Einige Jungs bauten einen Schneemann, andere lieferten sich eine wilde Schneeballschlacht. Hinten, am kleinen Berg, sausten Kinder auf Plastiktüten den Abhang herunter.
„ Kommt ihr auch mit raus und baut mit mir einen Schneemann?“ fragte Julian seine zwei größeren Brüder.

Die Mutter war arbeiten und, da Ferien waren, blieben die Kinder vormittags alleine zuhause. Aber Julians Brüder hatten noch keine Lust, und deshalb machte sich Julian alleine fertig. Er zog seine dicke Schneekleidung an. Seine Brüder halfen ihm, die Schuhe zu binden und den schweren Reißverschluss an seinen Stiefeln zuzumachen. Fertig!

Julian rannte schnell die Treppen hinunter und plumpste draußen gleich in den Schnee. Schnee war etwas Tolles, und es machte den Kindern so viel Spaß, sich auf den Rücken zu legen und mit Armen und Beinen zu wedeln. Dann sah der Abdruck im Schnee nämlich aus wie ein Adler.

Als Julians Brüder dann doch noch raus kamen, wollten sie einen „Riesenschneemann“ bauen.

„Euer Schneemann ist ja total klein und krumm! Wir können einen viel größeren und schöneren machen“, begannen sie die anderen Jungs zu ärgern, die bereits einen fertig hatten.
Diese ließen sich das natürlich nicht gefallen, und so brach ein richtiger Wettkampf aus.
Die Handlungstyp-Kinder rollten riesige Kugeln und immer mehr Schnee zusammen. Sie arbeiteten angestrengt und ohne Pause. Dabei stachelten sie sich aber zwischendurch immer wieder gegenseitig an, indem sie den Schneemann der anderen Mannschaft schlecht redeten.

Als es langsam dunkel wurde, mussten die Kinder ins Haus und unterbrachen deshalb den Wettkampf. Allerdings bestanden sie darauf, dass ihre Schneemänner bewertet werden. Julian holte seinen Vater. Er sollte der Schiedsrichter sein und entscheiden, welcher der Bessere wäre.
Er „urteilte“, dass beide Schneemänner gleich gut und groß wären. Für die Jungs war das ganz und gar nicht befriedigend.
„ Morgen treffen wir uns wieder und bauen ein Iglu. Dann werden wir schon sehen, wer das besser kann!“
So verabschiedeten sie sich und gingen heim.

Julian war nun so lange draußen gewesen und war so beschäftigt, dass er erst jetzt merkte, wie kalt ihm geworden war und dass sein Magen schon mächtig knurrte.
„ Ich hab was Leckeres zu essen gekocht, das wird dir gut tun“, tröstete die Mutter ihn, half dem müden Julian aus seinen nassen Kleidern heraus und zog ihm einen warmen Schlafanzug an.

Wenig später saß die ganze Familie beim Abendessen zusammen. Bald war Julian auch nicht mehr so erschöpft. Er berichtete von dem Schneemann und wie sie alle gekämpft hatten. Während er so erzählte, bemerkte er, dass es trotz der Anstrengung ein recht lustiger Tag gewesen war. Und während er sich noch einen großen Löffel Nudeln in den Mund stopfte, meinte er strahlend:
„ Ich freue mich schon auf morgen.“